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Nationale Empfehlungen

Promotion im Umbruch (2017)

(2017, 64 Seiten, ISBN: 978-3-8047-3633-7)

Die Promotion ist die eigenständige Durchführung eines wissenschaftlichen Projekts, das durch die Verleihung eines Doktorgrads dokumentiert wird. Das institutionelle Promotionsrecht ist durch staatliche Gesetze geregelt und sieht die Universitäten, gleichgestellte Hochschulen oder entsprechend akkreditierte Institutionen als den Titel verleihende Institutionen vor. Der Promotion liegt eine selbständige Forschungsleistung zugrunde, deren Ergebnis als Dissertation in schriftlicher Form öffentlich gemacht ist.

Das Verständnis, was eine Promotion ist, und die Verfahren zur Erlangung eines wissenschaftlichen Doktorgrads befinden sich im Wandel. Das zeigen die jüngsten hochschulpolitischen Entwicklungen und Diskussionen in Deutschland, so etwa die zur Medizinpromotion, zur Verleihung des Promotionsrechts an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften oder an außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, zu EU-weiten Standardisierungen im Rahmen des Bologna-Prozesses oder zur Übernahme von Verfahrensformen aus anderen akademischen Traditionen. In diesen Debatten ist immer wieder an die strukturelle Rolle der Promotion sowohl für eine innovative Entwicklung der Wissenschaften als auch für die Öffentlichkeit (Gesellschaft, Wirtschaft) zu erinnern. Dabei müssen derzeitige Trends und Probleme explizit gemacht und in einer bewussten Entwicklung der Institution berücksichtigt werden.  Insbesondere seit der öffentlichen Debatte um Plagiatsskandale steht die Frage nach der Einhaltung ethischer und wissenschaftlicher Standards und damit auch nach Qualitätssicherung im Zentrum. Die Promotion ist nach wie vor Voraussetzung für die akademische Laufbahn des wissenschaftlichen Nachwuchses; ihr Ansehen lässt sich aber auch anderweitig (beruflich) nutzbar machen, befördert also auch eine Karriere außerhalb des akademischen Bereichs und der Forschung.

Der gegenwärtig zu diagnostizierende Umbruch hat Auswirkungen nicht nur auf die Chancen von Einzelnen, sondern auch für das Wissenschaftssystem insgesamt. Nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Bedeutung drittmittelfinanzierter Forschung steigt die Anzahl befristet Beschäftigter in Projekten. Ihnen wird ein weiterer Abschluss nach dem Master-Grad oder vergleichbarer Grade in Aussicht gestellt. Dieser Trend wird verstärkt durch die vom Bologna-Prozess implizit beförderte Tendenz, die Promotion zu einem dritten Abschnitt in einem System gestufter Studiengänge zu machen. Hinzu treten die in einigen Bundesländern beobachtbaren Initiativen, neben den bereits etablierten Verfahren der Kooperativen Promotion auch bestimmten Organisationseinheiten von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften durch eine entsprechende Gesetzgebung ein autonomes Promotionsrecht zu verleihen. Das bedeutet, dass Durchführung und Qualitätskontrolle der Verfahren nicht mehr allein den (Fakultäten der) Universitäten obliegen sollen. Die Fragen nach der Einheitlichkeit der Promotion und ihres wissenschaftlichen Standards, aber auch nach den probaten Mitteln zur Sicherung der Qualität verschärfen sich dadurch. Insgesamt geht es um Status, Rolle und Zweck der Promotion, besonders aber auch um ihre internationale Anerkennung.

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Elmar König

Leiter der Abteilung Wissenschaft – Politik – Gesellschaft, Leiter Berliner Büro

Tel. 030 203 8997 - 865
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