Prof. Dr. Eran Elinav

Forschungsschwerpunkte: Mikrobiom, Ernährung, Metabolismus, Immunsystem, Krebserkrankungen
Eran Elinav ist ein israelischer Immunologe, der den Einfluss des Darmmikrobioms auf den menschlichen Stoffwechsel erforscht. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Frage, inwiefern die mikrobielle Gemeinschaft, die den menschlichen Körper besiedelt, biologische Prozesse wie die Immun- und Stoffwechselfunktionen sowie die neuronale Aktivität beeinflusst. Eran Elinav verbindet dabei molekulare Grundlagenforschung mit translationaler Medizin und schlägt die Brücke zwischen Labor und Klinik.
In den letzten zwei Jahrzehnten – seit erkannt wurde, dass Abermilliarden von Mikroorganismen nahezu alle Aspekte der menschlichen Physiologie mitgestalten – hat die Mikrobiomforschung enorm an Bedeutung gewonnen. Bakterien, Viren, Pilze und sogar Parasiten können sowohl im Darm als auch in extraintestinalen Organen Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse modulieren und Krankheitsprozesse initiieren oder verhindern.
Ein besonders innovativer Zweig von Eran Elinavs Arbeit befasst sich mit der zirkadianen Oszillation der Mikrobiota. Er konnte zeigen, dass sowohl die Zusammensetzung als auch die Funktion der Darmmikrobiota tageszeitlichen Schwankungen unterliegen. Diese Veränderungen korrelieren eng mit dem zirkadianen Rhythmus des Wirts und werden maßgeblich durch den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme reguliert. Störungen dieser Rhythmik – etwa infolge von Jetlag oder Schichtarbeit – führen in experimentellen Modellen zu einer Desynchronisation der mikrobiellen Aktivität und waren mit metabolischen Dysfunktionen wie Glukoseintoleranz und Insulinresistenz assoziiert.
Eran Elinavs Forschung verdeutlicht, dass das Mikrobiom keineswegs ein passiver Bestandteil des Verdauungstrakts ist, sondern aktiv mit dem Wirt interagiert und dessen systemische Homöostase wesentlich beeinflusst. Die Untersuchungen konnten zudem zeigen, dass die individuelle Reaktion auf bestimmte Nahrungsmittel – etwa Brot oder andere Kohlenhydratquellen – stark variiert und maßgeblich durch das jeweilige Mikrobiomprofil geprägt ist. Dies erklärt, warum allgemeingültige Ernährungsempfehlungen oft unzureichende Ergebnisse liefern.
Auf dieser Grundlage entwickelte Eran Elinavs Arbeitsgruppe ein KI-basiertes Modell zur Vorhersage individueller glykämischer Reaktionen auf spezifische Nahrungsmittel. Die Technologie beruht auf der Integration von Mikrobiomprofilen, Ernährungsgewohnheiten sowie klinisch-metabolischen Parametern und ermöglicht personalisierte Ernährungsempfehlungen mit dem Ziel, postprandiale Blutzuckerspitzen zu reduzieren und das Risiko metabolischer Erkrankungen zu senken.
Ein weiteres Forschungsfeld von Eran Elinav betrifft die Wirkung mikrobieller Metaboliten auf das Immunsystem und das zentrale Nervensystem. In präklinischen Modellen konnte sein Team spezifische bakterielle Stoffwechselprodukte identifizieren, die entzündungsrelevante Signalwege aktivieren oder hemmen. Diese Erkenntnisse vertiefen das Verständnis immunvermittelter Erkrankungen, wie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen und Autoimmunstörungen, sowie neurodegenerativer Krankheiten wie der amyotrophen Lateralsklerose (ALS).
Eran Elinavs Arbeiten zeigen, dass das Darmmikrobiom aktiv in die Regulation von Stoffwechselprozessen, Immunreaktionen und neurobiologischen Funktionen eingreift. Diese Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven für eine individualisierte Medizin und liefern wichtige Impulse für gesundheitspolitische Strategien im Umgang mit chronischen Erkrankungen.