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Wissenschaftshistorische Seminare

Sehen denken. Beobachtung und Theorie in der Anatomie der Frühen Neuzeit

More 'Sehen denken. Beobachtung und Theorie in der Anatomie der Frühen Neuzeit'

Vortrag im Wissenschaftshistorischen Seminar von Dr. Mattia Mantovani (Leuven)

Date: Tuesday, 2 April 2019
Time: 18:00
Location: Lesesaal des Zentrums für Wissenschaftsforschung, Emil-Abderhalden-Straße 36, 06108 Halle (Saale)

Ist jede Beobachtung nicht eigentlich von einer Vorannahme bestimmt? Inwieweit prägen die Kategorien der Beobachter deren visuelle Wahrnehmung selbst? Gibt es so etwas wie „reine“ Beobachtung, einen offenkundigen Zugang des Menschen zur Welt um ihn herum? Diese Fragen der Theorie der Beobachtung, mit denen sich die Wissenschaftsphilosophen seit langem beschäftigen, werden im Wissenschaftshistorischen Seminar anhand eines historischen Beispiels auf neue Weise diskutiert.

Der Sehsinn und sein Zusammenspiel mit dem Verstand waren gerade in der Frühen Neuzeit ein zentraler Diskussionspunkt, wenn es darum ging zu klären, wie verlässlich Sinneswahrnehmungen sind. Die Anatomie erhebt ihrerseits den Anspruch, eine Disziplin zu sein, die sich rein auf den sinnlichen Augenschein und damit auf empirische Evidenz stützt. Die anatomische Untersuchung des Sehsinnes erlaubte zudem schon früh Aufschlüsse über die organische Struktur des Sehsinnes, seine Struktur und sein Funktionieren. Doch sind, so wurde im 17. und 18. Jahrhundert gefragt, die Sehnerven wirklich hohl? Der Vortrag zeigt, dass diese scheinbar marginale Frage zu einem der Kernpunkte der Diskussion zahlreicher renommierter Wissenschaftler wurde. Vesalius und Kepler, Descartes und Newton, kurz: einige der Gründerväter dessen, was wir heute als moderne Wissenschaft verstehen, vertraten nicht nur sehr unterschiedliche Positionen zu dieser Frage, Grundlage ihrer Antworten waren auch jeweils unterschiedliche Theorien.

Von der kritischen Konfrontation mit diesem historischen Beispiel können auch die heutigen epistemologischen Diskussionen über die Theoriehaltigkeit der Beobachtung viel lernen.

Prof. Dr. Rainer Godel und Leopoldina-Mitglied Prof. Dr. Dieter Hoffmann laden Sie herzlich ein.

Bild: L’homme de René Descartes (Wikimedia Commons)

WEITERE INFORMATIONEN UND ANMELDUNG

Die Veranstaltung richtet sich an alle Interessierten. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Kontakt

Prof. Dr. Rainer Godel
Leiter des Zentrums für Wissenschaftsforschung
E-Mail: rainer.godel@leopoldina.org
Tel.: 0345 / 47 239 -115