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Max Ferdinand Perutz

Nobelpreis für Chemie 1962

Year of election: 1964
Section: Humangenetik und Molekulare Medizin
City: Cambridge
Country: Großbritannien
CV Max Perutz - Deutsch (PDF)

Research

Max Perutz war ein österreichisch-britischer Chemiker. Er beschäftigte sich unter anderem mit der Röntgenstrukturanlayse des Hämoglobins, dessen Strukturaufklärung ihm schließlich gelang. Zuvor hatte er Arbeiten über Gletscherbewegungen veröffentlicht. Für die Studien über Strukturen globulärer Proteine wurde er 1962 gemeinsam mit dem Briten John Kendrew mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Werdegang

Max Perutz studierte ab 1932 Chemie an der Universität Wien. Nach seinem Abschluss 1936 ging er nach Großbritannien, wo er am Cavendish-Laboratory der University of Cambridge als Forschungsassistent tätig war. 1940 wurde er dort promoviert. Unterstützt wurde sein Aufenthalt unter anderem durch ein Stipendium der Rockefeller Foundation. Im Cambridge begann er, sich wissenschaftlich mit Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, zu beschäftigen, der für den Transport von Sauerstoff im Blut verantwortlich ist. Allerdings war Perutz durch den Zweiten Weltkrieg mehrmals gezwungen, seine Arbeit zu unterbrechen.
Nachdem das NS-Regime 1938 Österreich annektiert hatte, musste Perutz, der jüdische Wurzeln hatte, das Land verlassen. Nur auf Intervention von Lord Mountbatten konnte er nach Cambridge zurückkehren.
Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Perutz am Projekt Habbakuk (auch Habakuk), das den Bau eines Flugzeugträgers aus Eis vorsah, der in der Arktis als Schutzwall gegen Aktionen der Nazis fest stationiert werden sollte. Und obwohl Perutz dabei seine früheren Forschungen aus dem Bereich Glaziologie einbringen konnte, wurde das Projekt niemals realisiert.
1947 wurde Perutz Direktor der Medical Research Council Unit, dem späteren Labor für Molekularbiologie in Cambridge (LMB), das er bis 1979 leitete und aus dem mehrere Nobelpreisträger hervorgingen, unter ihnen Francis Crick, Hugh Huxley, James Watson, Sydney Brenner, Fred Sanger und Aaron Klug.
1953 entwickelte Perutz das Verfahren des Isomorphen Ersatzes, bei dem sich mit Röntgenkristallografie die Struktur von Kristallen effektiver aufklären ließ. Dieses nutzte er auch, als es ihm 1959 gelang, die Struktur des Proteins Hämoglobin zu entschlüsseln. Dafür wurde er 1962 gemeinsam mit John Kendrew mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
Später gelang es ihm außerdem, die genaue Funktionsweise des Hämoglobins aufzuklären. Außerdem untersuchte er die Strukturveränderungen dieses roten Blutfarbstoffs, die bei Erkrankungen wie der Sichelzellanämie eine Rolle spielen. Darüber hinaus beschäftigte er sich mit der Veränderung von Proteinstrukturen, die durch neurodegenerative Erkrankungen verursacht werden.
Sein letztes wissenschaftliches Projekt galt einem atomaren Modell von Amyloid-Fasern. Dabei handelt es sich um abnorm veränderte Proteine. Die Ergebnisse dieser letzten Arbeit wurden 2002 posthum veröffentlicht.

Nobelpreis

Bereits 1912 entdeckte der Nobelpreisträger für Physik des Jahres 1914, Max von Laue, dass Röntgenstrahlen gebeugt werden, wenn sie durch ein Kristallgitter gehen. Treffen sie im Anschluss auf einen Film, ist das Ergebnis ein Beugungsbild, auch Röntgendiagramm genannt. Mit diesem Verfahren versuchten Wissenschaftler in den 1930er Jahren, die räumliche Struktur chemischer Verbindungen aufzuklären. Dies brachte bei einfachen Verbindungen schnellen Erfolg. Wesentlich schwieriger wurde es jedoch bei hochmolekularen Verbindungen, zum Beispiel bei Proteinen.
Max Perutz versuchte sich erstmals an röntgenkristallografischen Untersuchungen, als er 1936 am Cavendish Laboratory der University of Cambridge tätig war. Er konzentrierte sich auf die Aufklärung der Struktur des Proteins Hämoglobin. 1946 kam der Molekularbiologe John Kendrew als Mitarbeiter zu Max Perutz und widmete sich fortan der Aufklärung des Proteins Myoglobin, das dem Hämoglobin sehr ähnlich ist.
Genau wie Kendrew arbeitete Perutz mit den Möglichkeiten der Röntgenstrukturanalyse. Zusätzlich wandte er dabei 1953 erstmals die Methode des so genannten isomorphen Ersatzes an. Das bedeutet: Im Experiment werden zusätzliche Quecksilberatome in die Struktur eingebaut, um den Beugungseffekt deutlicher zu machen. Diese Methode beschleunigte Perutz‘ Arbeit enorm.
Schließlich gelang Kendrew und Perutz die Strukturaufklärung beider Proteine, zunächst in ihren Grundzügen, später dann umfassender. Der Aufwand dafür war enorm. So musste eine große Menge an Röntgendiagrammen ausgewertet werden. Mit ihren Arbeiten haben Perutz und Kendrew die physikalische Methode der Röntgenstrukturanalyse wesentlich weiterentwickelt und effektiver gemacht.
Für ihre Studien über die Strukturen globulärer Proteine wurden Perutz und Kendrew 1962 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Perutz erhielt zahlreiche weitere Auszeichnungen, darunter die Ernennung zum Commander of the Order of the British Empire (1963), Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst und Wilhelm Exner-Medaille (beide 1967), Royal Medal der Royal Society London (1971), Order of the Companions of Honour (1975), Copley Medal der Royal Society London (1979), Order of Merit (1989) sowie die Otto-Warburg-Medaille (1993).
Darüber hinaus war Perutz Mitglied in wissenschaftlichen Vereinigungen, darunter der Royal Society (1954), American Academy of Arts and Sciences (1963), der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1964), Académie des Sciences (1976), Accademia Nazionale dei Lincei Rom, Accademia Nazionale della Scienze Rom, der Akademien der Wissenschaften Österreichs, der Niederlande, Italiens und Frankreichs sowie der Akademie der Wissenschaften der DDR (1985).
Mehrere Universitäten machen ihn zum Ehrendoktor, darunter die in Wien und Salzburg.

Zur Person

Max Perutz wurde am 19. Mai 1914 in Wien als Sohn von Hugo Perutz und seiner Frau Adele Goldschmidt geboren. Seine Eltern entstammten jüdischen Fabrikantenfamilien. Dennoch wurde der Sohn römisch-katholisch erzogen. Max Perutz besuchte von 1923 bis 1932 das Theresianum in seiner Geburtsstadt.
1942 heiratete er Gisela Peiser. Das Paar bekam zwei Kinder, die Tochter Vivien (geb. 1944) sowie den Sohn Robin Perutz (geb. 1949), der später Professor für Chemie an der University of New York wurde. Max Perutz ist mit dem Romanautor Leo Perutz verwandt.
Im Erwachsenenalter pflegte Perutz, eine Diät aus großen Mengen schwarzer Bananen zu sich zu nehmen. Seine Frau Gisela managte bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 1979 in Cambridge die Institutskantine des von ihrem Mann geleiteten Laboratory for Molecular Biology (LMB) am Medical Research Council, in der über Jahrzehnte führende Wissenschaftler ein und aus gingen und in der auch Nobelpreis-Feiern stattfanden.
Max Perutz starb 2002 an einer seltenen Hautkrebserkrankung. In seiner Geburtsstadt Wien sind sowohl eine Bibliothek als auch ein Labor der Universität nach ihm benannt. Der britische Medical Research Council (MRC) vergibt den Max Perutz Science Writing Award an Doktoranden.

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