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Press Release | Tuesday, 17 June 2003

Öffentliche Vorträge der Leopoldina

Zu den Themen "Impfstoffentwicklung gegen Tuberkulose: Ein altes, aber noch immer aktuelles Thema" (S.H.E. Kaufmann, Berlin) und "Kognition und Handlung" (W. Prinz, München)

Termin: Dienstag, 24. Juni 2003, 16.30 Uhr
Ort: Vortragsgebäude der Akademie Leopoldina, Emil-Abderhalden-Straße 36, 06108 Halle (Saale)

  • Prof. Dr. Stefan H. E. Kaufmann, Berlin, Mitglied der Akademie: "Impfstoffentwicklung gegen Tuberkulose: Ein altes, aber noch immer aktuelles Thema"

    Vor über 100 Jahren überraschte Robert Koch, der Entdecker des Tuberkulose-Erregers, die Welt mit der Ankündigung, dass er einen Impfstoff gegen die Tuberkulose entwickelt hatte, an der zu jener Zeit mehr Menschen starben als an irgendeinem anderen Krankheitsbild. Zu seinem Bedauern musste er bald darauf einsehen, dass er mit dieser Ankündigung unrecht hatte. Seitdem haben viele Wissenschaftler, Mediziner und Politiker behauptet, dass die Tuberkulose unter Kontrolle sei. Nichts desto trotz sterben heute mehr Menschen an Tuberkulose als zu Kochs oder irgendeiner anderen Zeit und heute ist Mycobacterium tuberculosis für mehr Todesfälle verantwortlich als irgendein anderer bakterieller Krankheitserreger. Mit BCG steht zwar ein Impfstoff gegen Tuberkulose zur Verfügung, der auch gegen die Kleinkind- Tuberkulose schützt, aber gegen die häufigste Form der Krankheit, nämlich die Lungentuberkulose des Erwachsenen, keinen befriedigenden Schutz bewirkt. Ein neuer, besser wirksamer Impfstoff wird daher dringend benötigt. Etwa zwei Milliarden Menschen, also ein Drittel der Weltbevölkerung, sind mit diesem Keim infiziert. Weniger als 10% aller Infizierten erkranken daher an Tuberkulose. Dies zeigt, dass bei den meisten die natürliche Infektion eine zufriedenstellende Immunantwort auslöst, die den Keim unter Kontrolle hält. Die Immunantwort ist aber nicht in der Lage, den Erreger auszurotten und das Risiko bleibt bestehen, dass zu einem späteren Zeitpunkt die Krankheit ausbricht. Die rationale Entwicklung eines neuen Impfstoffs kann daher von der durch natürliche Infektion hervorgerufenen Immunantwort lernen. Dabei werden im Prinzip zwei Strategien verfolgt: Die Entwicklung einer Spaltvakzine, die aus definierten protektiven Antigenen besteht oder eines rekombinanten Lebendimpfstoffs, der eine verbesserte Immunantwort auslöst. Kaufmann gibt Auskunft über den aktuellen Stand der Forschung.

    Stefan H. E. Kaufmann
    studierte Biologie und promovierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit summa cum laude (1977). Nach einer Assistentenzeit am Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie an der Ruhr- Universität Bochum wurde er Hochschulassistent an der Freien Universität Berlin und danach wissenschaftlicher Mitarbeiter am MPI für Immunbiologie in Freiburg. An der Universität Ulm war er zunächst C3-Professor für medizinische Mikrobiologie und Immunologie (1987-1991), danach C4-Professor für Immunologie (1991-1998). Parallel dazu wurde er 1993 zum Gründungsdirektor des MPI für Infektionsbiologie in Berlin berufen, dessen Geschäftsführender Direktor er heute ist. Kaufmann ist Mitglied vielfältiger wissenschaftlicher Kommissionen, ist national wie international gutachterlich tätig und Herausgeber zahlreicher internationaler Zeitschriften. Seine Arbeiten zur Immunabwehr von Bakterien wurden vielfach ausgezeichnet (Krupp-Preis für Junge Wissenschaftler, 1987; Aronson Preis des Landes Berlin, 1988; Smith-Kline Beecham Wissenschaftspreis für Medizinische Grundlagenforschung, 1991; Pettenkofer Preis der Stadt München, 1992; Hauptpreis der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, 1993). Er gehört zu den weltweit meist zitierten Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Immunologie. Sein Forschungsschwerpunkt liegt seit über 25 Jahren im Bereich der antibakteriellen Infektabwehr. Insbesondere bemüht er sich um die rationale Entwicklung eines neuen Impfstoffs gegen Tuberkulose. Im Jahr 2000 wählte die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Stefan H. E. Kaufmann zum Mitglied (Sektion Mikrobiologie und Immunologie). 
  • Prof. Dr. Wolfgang Prinz, München, Mitglied der Akademie: "Kognition und Handlung"

    In den klassischen Ansätzen der Kognitionswissenschaften spielen Handlungen keine besonders dominante Rolle – es sei denn in der verkürzten Form von Reaktionen auf Reize ("sensomotorische" Ansätze). Dem gegenüber stehen "ideomotorische" Ansätze. Sie rücken die kognitiven Grundlagen von Willenshandlungen in den Mittelpunkt. Wolfgang Prinz wird in seinem Vortrag eine Reihe von Experimenten zur Untersuchung der Funktionsgrundlagen von Willenshandlungen vorstellen. Die Experimente zeigen, wie die Ausführung von Willenshandlungen durch gleichzeitige Wahrnehmungsprozesse moduliert wird. Die Ergebnisse verweisen auf enge Verzahnung von Wahrnehmung und Handlungsplanung – wesentlich enger als von dem klassischen "sensomotorischen" Ansatz vorgesehen. Sie stützen und erweitern die "ideomotorische" Theorie der Handlungswahrnehmung und Handlungssteuerung.

    Wolfgang Prinz
    studierte Psychologie, Philosophie und Zoologie an der Universität Münster. Nach der Promotion an der Ruhr-Universität Bochum (1970) und einer Assistentenzeit in Bochum wurde er 1975 Ordentlicher Professor für Psychologie an der Universität Bielefeld (Schwerpunkt Kognition). Dort war er wissenschaftlicher Direktor am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld (1982-1989). 1990 wurde er auf den Lehrstuhl für Psychologie und Philosophie der Universität München berufen (1990- 1998); gleichzeitig wurde er Wissenschaftliches Mitglied der Max- Planck-Gesellschaft und Direktor am Max-Planck-Institut für Psychologische Forschung. Prinz ist Mitglied in wissenschaftlichen Akademien und Gesellschaften und erhielt ehrenvolle Auszeichnungen, u.a. den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (1993) und den Anerkennungspreis im Rahmen des Bayerischen Innovationspreises (1996). Der Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf den Wechselbeziehungen zwischen Kognition und Handlung. Im Jahr 2001 wählte die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Wolfgang Prinz zum Mitglied (Sektion Empirische Psychologie und Kognitionswissenschaften).

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