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Nobelpreis für Medizin oder Physiologie 1991
Year of election: | 1993 |
Section: | Genetics/Molecular Biology and Cell Biology |
City: | Martinsried |
Country: | Germany |
Forschungsschwerpunkte: Patch-Clamp-Technik, Signalübertragung, Lern- und Erinnerungsprozesse, Kortikale Säulen, Techniken zur Messung von Einzelkanalströmen, Funktionen der prä- und postsynaptischen Membranen, Rezeptorkanäle, neuromuskuläre Synapsen
Bert Sakmann ist Neurobiologe. 1991 erhielt er zusammen mit Erwin Neher den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Den beiden Forschern war es gelungen die Existenz von Ionenkanälen in Zellmembranen nachzuweisen – ein wichtiges Element der Signalübertragung in der Zelle. Voraussetzung für die Entdeckung der Ionenkanäle war die „Patch-Clamp-Technik“, die Sakmann und Neher entwickelt hatten.
Die „Patch-Clamp-Technik“ ist eine elektrophysiologische Messmethode, mit der sich ein ganz geringer Stromfluss in und zwischen Körperzellen messen lässt. Die Forscher entwickelten dafür eine dünne Glaspipette mit einem Durchmesser von nur einem tausendstel Millimeter, die ganz dicht auf die Zellmembran gesetzt wird. Das in der Pipette liegende Membranstück wird dann elektrisch von der Umgebung isoliert, wodurch das Hintergrundrauschen extrem reduziert wird. So kann jeder noch so kleine Stromfluss innerhalb des isolierten Membranfleckens gemessen werden und die Eigenschaften eines einzelnen Ionenkanals können erforscht werden.
Sakmann und Neher konnten damit erstmals beweisen, dass diese Kanäle in der Zellmembran existieren und durch sie geladene Teilchen vom Zellinneren in die Umgebung gelangen – die Ionenkanäle sind elementare Kommunikationskanäle. Die hohe Empfindlichkeit der Technik ermöglichte es, die Funktion von Zellmembran-Kanälen bis in die molekularen Details zu erforschen. Es stellte sich heraus, dass Hunderte verschiedener Ionenkanaltypen in fast allen Zelltypen verschiedenste regulatorische Funktionen erfüllen. Dies war eine wichtige Entdeckung für die Medizin, da weitere Forschungen ergaben, dass die Ursache vieler Krankheiten (Nerven- oder Muskelleiden, Epilepsie) in einer fehlerhaften Regulierung des Ionenflusses liegt.
In jüngster Zeit erforscht Bert Sakmann mit seinen Kollegen die funktionelle Anatomie von Schaltkreisen in der Großhirnrinde. Diese Schaltkreise sind für Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Entscheidungsfindungen, zuständig, und die Wissenschaftler wollen verstehen, wie sie sich bei Lern- und Erinnerungsprozessen verändern. Sakmanns Arbeitsgruppe konnte aber auch erstmals eine kortikale Säule, ein Baustein der Großhirnrinde, von einem Nagetier in einem räumlichen Diagramm am Computer darstellen. Damit ist dem Team ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem vollständigen Computermodell des Gehirns gelungen.