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Regeln für den Umgang mit Interessenkonflikten in der wissenschaftsbasierten Beratungstätigkeit

Präambel

Das Wissen und das Engagement von Mitgliedern der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie weiterer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bilden die Grundlage für die wissenschaftsbasierte Beratung von Politik und Öffentlichkeit, die die Leopoldina im Sinne des Gemeinwohls unabhängig von politischen oder wirtschaftlichen Interessen durchführt. Es ist für die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, für die Leopoldina sowie für Politik und Öffentlichkeit von größter Bedeutung, dass die Gemeinwohlorientierung und die Unabhängigkeit des Beratungsprozesses nicht durch unerkannte Interessenkonflikte beeinträchtigt werden. Daher muss der Umgang mit Interessenkonflikten im Rahmen der wissenschaftsbasierten Beratung der Leopoldina klar geregelt werden.

Das vorliegende Dokument legt Regeln für den Umgang mit Interessenkonflikten im Rahmen der wissenschaftsbasierten Beratung der Leopoldina fest. Die Leopoldina verpflichtet sich, ihre Beratungstätigkeit entsprechend dieser Regeln durchzuführen und die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Beachtung dieser Regeln zu unterstützen. Konkrete Fragen möglicher Befangenheit einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden vertraulich behandelt.

Diese Regeln wurden vom Präsidium der Leopoldina in seiner Sitzung am 26.05.2021 beschlossen. Mit der Publikation auf der Website der Akademie treten diese Regeln in Kraft.

1. Die wissenschaftsbasierte Beratung der Leopoldina


Die wissenschaftsbasierte Beratung der Leopoldina erfolgt in verschiedenen Formaten, teilweise in Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftsakademien und weiteren Partnereinrichtungen. Auf der Basis gesicherter wissenschaftlicher Evidenz bearbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unabhängig und ergebnisoffen gesellschaftlich relevante Fragestellungen, reflektieren deren Bedeutung im weiteren historischen und politischen Kontext und benennen Handlungsoptionen.

2. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Mitwirkende an der wissenschaftsbasierten Beratung der Leopoldina

Die Mitwirkung an der wissenschaftsbasierten Beratung durch die Leopoldina stellt besondere Anforderungen an die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie sind zur Offenlegung von Tatsachen verpflichtet, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben könnten. Wenn Tatsachen bestehen, die die Besorgnis der Befangenheit beteiligter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begründen, liegen Interessenkonflikte vor. Ergeben sich im Laufe der Bearbeitung des Vorhabens neue Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit ergeben könnten, sind beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verpflichtet, diese anzuzeigen.

3. Ausschlussgründe

Im Rahmen der wissenschaftsbasierten Beratung ist zu prüfen und zu dokumentieren, ob Tatsachen vorliegen, auf Grund derer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wegen möglicher Befangenheit von der Mitwirkung an der Beratungstätigkeit auszuschließen sind. Hierfür sind die im Folgenden genannten Ausschlussgründe zu prüfen.

Ein zwingender Ausschlussgrund liegt bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vor, wenn bei ihnen eigene finanzielle Interessen oder finanzielle Interessen von Angehörigen  durch die Beratungstätigkeit der Leopoldina berührt sind. Bei Vorliegen eines zwingenden Ausschlussgrundes ist die Mitwirkung dieser Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der konkreten Beratungstätigkeit ohne Ausnahmemöglichkeit ausgeschlossen.

Relative Ausschlussgründe (Besorgnis der Befangenheit) führen nicht automatisch zu einem Ausschluss von der Mitwirkung. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob Tatsachen vorliegen, welche die Besorgnis der Befangenheit begründen und das Misstrauen gegen die Unabhängigkeit des oder der Mitwirkenden rechtfertigen. Dies gilt insbesondere für:

1. eine gegenwärtige oder vergangene Beschäftigung gegen Entgelt oder Organmitgliedschaft in Unternehmen, für die die Beratungstätigkeit der Leopoldina von wirtschaftlicher Bedeutung sein kann;

2. eine in den drei zurückliegenden Jahren erfolgte entgeltliche Beratung in der Sache für Dritte, die am Ergebnis des Vorhabens ein außerwissenschaftliches Interesse haben könnten;

3. eine Tätigkeit im Sinne der Nr. 2 von einer angehörigen  Wissenschaftlerin oder einem angehörigen Wissenschaftler;

4. persönliche, finanzielle oder immaterielle Zuwendungen von einer Person, einer Vereinigung, einer Gesellschaft, einer Institution oder einem Unternehmen, welche durch die Beratungstätigkeit der Leopoldina betroffen sein könnten;

5. ein unmittelbarer Vor- oder Nachteil (z.B. hinsichtlich laufender Patentverfahren oder Projektanträgen bei Dritten) durch die Beratungstätigkeit der Leopoldina;

6. laufende oder in Aussicht stehende Forschungsmittel, deren Zuwender ein besonderes Interesse an einem spezifischen Beratungsergebnis der Leopoldina haben könnten;

7. laufende oder in Aussicht stehende Forschungsmittel oder andere Zuwendungen, die in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang zur Beratungstätigkeit der Leopoldina stehen, dass sie eine Besorgnis auf Befangenheit begründen könnten;

8. die aktive Mitwirkung in einer Vereinigung, einer Gesellschaft, einer Institution oder einem Unternehmen, welche durch die Aussagen der Stellungnahme betroffen sein könnten.

4. Verfahrensregelung zum Umgang mit Interessenkonflikten im Rahmen der wissenschaftsbasierten Beratung der Leopoldina


In allen Angelegenheiten der wissenschaftsbasierten Beratung kommt der Leopoldina bei der Feststellung von Interessenkonflikten eine besondere Sorgfaltspflicht zu. Um ihr nachzukommen, wirken die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Vorstand, das Ombudsgremium und die Mitarbeitenden der Leopoldina eng und vertrauensvoll zusammen.

Das Verfahren ist vertraulich.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ein Vorhaben dem Präsidium vorschlagen und dieses im Regelfall leiten werden, müssen ihrem Vorschlag jeweils einen Fragebogen zur Selbstauskunft ausgefüllt beilegen. Die für das Vorhaben zuständige Abteilung der Leopoldina wertet diese Fragebögen auf Tatsachen aus, die mögliche Interessenkonflikte begründen können. Für den Fall, dass Sachverhalte gefunden oder anderweitig bekannt werden, die nach Einschätzung der Abteilung einen zwingenden Ausschlussgrund darstellen oder die Besorgnis der Befangenheit begründen, ist im Benehmen mit der Generalsekretärin bzw. dem Generalsekretär das Ombudsgremium beizuziehen. Dieses informiert nach Maßgabe des Ombudsverfahrens den Vorstand, das Generalsekretariat und die Abteilung über seine Bewertung. Der Vorstand entscheidet über die Mitwirkung der betreffenden Person an dem Vorhaben. Die Fragebögen werden unter Beachtung der Datenschutzgrundverordnung archiviert. Die Leiterin bzw. der Leiter der Abteilung, die das Vorhaben betreut, ist für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens zuständig.

Nachdem das Präsidium dem Vorhaben zugestimmt hat, holt die für das Vorhaben zuständige Abteilung der Leopoldina von allen weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die an dem Vorhaben mit Ergebnisverantwortung mitwirken sollen, die Fragebögen mit den Selbstauskünften ein und verfährt entsprechend der vorstehenden Grundsätze.

Bei Diskussions- und anderen Papieren, die vom Präsidium zur Kenntnis genommen werden, müssen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler möglichst früh, spätestens bei Einreichung des Texts die von ihnen ausgefüllten Fragebögen beilegen. Das weitere Verfahren bestimmt sich nach den vorgenannten Grundsätzen. Für den Fall, dass einschlägige Sachverhalte gefunden oder anderweitig bekannt werden, entscheidet das Präsidium über die Veröffentlichung des Diskussions- oder anderen Papiers.

In Dokumenten, die im Rahmen eines Vorhabens veröffentlicht werden, wird darauf hingewiesen, dass die mitwirkenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verpflichtet wurden, Tatsachen zu benennen, die geeignet sein können, zu Interessenkonflikten zu führen. Außerdem wird auf die vorliegenden Regeln verwiesen.

Ergibt sich nachträglich, dass eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler die Offenlegungspflichten verletzt hat, erfolgt eine Bewertung durch das Ombudsgremium, das den Vorstand und die Abteilung über das Ergebnis informiert.

5. Rechtsfolgen

Verletzungen gegen die Offenlegungspflicht sind ein Verstoß gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis. Auf Vorschlag des Ombudsgremiums entscheidet das Präsidium über die Folgen nach Maßgabe der Regeln der Leopoldina zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft.

Das Präsidium entscheidet über die Maßnahmen, die durch die begründete Besorgnis der Befangenheit in Bezug auf die Publizität der Veröffentlichung zu ergreifen sind.

CONTACT

Leopoldina

PD Dr. Stefan Artmann

Leiter des Präsidialbüros

Phone 0345 47 239 - 863
Fax 030 - 241 8987 - 477
E-Mail stefan.artmann (at)leopoldina.org