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Chancen und Grenzen des genome editing (2015)

Herausgegeben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften

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Gemeinsame Stellungnahme

  • Gentechnik
  • Genomeditierung
Zur Publikation (PDF)

Publikationsdetails

  • Veröffentlichungsdatum 29.09.2015
  • ISBN 978-3-8047-3493-7
  • Seitenanzahl 30

Neue, häufig unter dem Begriff genome editing oder Genomchirurgie zusammengefasste Methoden revolutionieren derzeit die molekularbiologische Forschung. Verfahren wie CRISPR-Cas9 ermöglichen überraschend einfache Eingriffe zur kontrollierten Veränderung im Erbgut, die effizienter sind als die bisher verfügbaren Methoden. Dadurch werden neu dimensionierte Möglichkeiten für die molekularbiologische Grundlagenforschung eröffnet, insbesondere bei molekulargenetisch bisher schwer zugänglichen Organismen und für die Aufklärung wenig verstandener Genfunktionen. Darüber hinaus erschließt diese methodische Innovation auch die breite Anwendungsseite mit neuen
Optionen in der Pflanzenzüchtung und Biotechnologie. Auch gentherapeutische Verfahren an Körperzellen (somatische Gentherapie) bei genetisch bedingten Krankheiten des Menschen werden von den neuen Methoden voraussichtlich erheblich profitieren. Dafür ist weiterhin zielstrebige Grundlagenforschung notwendig und Deutschland sollte sich an dieser wichtigen Entwicklung in ihrer gesamten Breite beteiligen sowie mit Blick auf Mensch und Umwelt die sichere und verantwortungsbewusste Anwendung des genome editing mitgestalten.

Im April 2015 haben chinesische Forscher an nicht entwicklungsfähigen menschlichen Embryonen das Potential von CRISPR-Cas9 bezüglich einer Veränderung des menschlichen Genoms untersucht. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Methode für eine solche Anwendung bei weitem noch nicht ausgereift ist. Derartige Experimente werfen darüber hinaus erneut weitreichende soziale, ethische und rechtliche Fragen im Hinblick auf die Therapie erblicher Erkrankungen sowie die Unversehrtheit der menschlichen Keimbahn auf und berühren die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit. In Deutschland ist eine Intervention in die Keimbahn bzw. Verwendung veränderter Keimzellen zur Befruchtung nach § 5 des Embryonenschutzgesetzes verboten.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften – acatech, die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) machen darauf aufmerksam, dass genome editing ein hohes wissenschaftliches Potential besitzt und in vielen Bereichen ethisch und rechtlich unbedenklich ist. Die Methoden des genome editing sind nicht automatisch mit vereinzelten potentiell missbräuchlichen bzw. ethisch und rechtlich noch zu bewertenden Anwendungen gleichzusetzen. Die DFG und die Akademien sprechen sich im Hinblick auf sämtliche Formen der künstlichen Keimbahnintervention beim Menschen, bei der Veränderungen des Genoms an Nachkommen weitergegeben werden können, für ein internationales Moratorium aus, um offene Fragen transparent und kritisch zu diskutieren, den Nutzen und potentielle Risiken der Methoden beurteilen zu können und Empfehlungen für zukünftige Regelungen zu erarbeiten. Das Moratorium sollte aber nicht dazu beitragen, die methodische Fortentwicklung und damit die aussichtsreichen neuen Einsatzmöglichkeiten des genome editing für die Forschung und Anwendung generell einzuschränken.

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