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Wahljahr: | 2011 |
Sektion: | Organismische und Evolutionäre Biologie |
Stadt: | Martinsried |
Land: | Deutschland |
Forschungsschwerpunkte: visuelle Informationsverarbeitung, Mechanismen des Sehens, Bewegungssehen, neuronale Schaltkreise, Hassenstein-Reichardt-Detektor
Alexander Borst ist Genetiker und Neurowissenschaftler. Er erforscht, wie das Gehirn Informationen verarbeitet, vor allem wie das Gehirn rechnet. Dafür untersucht er das Bewegungssehen der Fruchtfliege Drosophila und die beteiligten neuronalen Schaltkreise. Durch eine Kombination von Genetik, Elektrophysiologie und Modellierung konnte er grundlegende Mechanismen des Bewegungssehens aufklären.
Was wir sehen, ist das Ergebnis von Berechnungen. Blitzschnell erkennen wir die Größe und Tiefe von Objekten, ihre Farbe und Bewegungsrichtung. Alexander Borst untersucht mit seinem Team, wie das Nervensystem aus den Bildern, die das Auge liefert, solche Informationen errechnet. Der Fokus seiner Forschung liegt dabei auf dem Bewegungssehen. Seine Untersuchungen führt Borst an der Fruchtfliege Drosophila durch. Es gelang ihm, die beteiligten Schaltkreise des Bewegungssehens der Fruchtfliege in wesentlichen Teilen aufzuklären. Dabei entdeckte Borst Parallelen zu neuronalen Verschaltungen, wie sie in der Netzhaut von Wirbeltieren existieren.
Alexander Borst deckte auf, dass die Bewegungsrichtung in den Nervenzellen in separaten ON- und OFF-Kanälen errechnet wird und dem Modell des Hassenstein-Reichardt-Detektors folgt. Die einzelnen Lichtsinneszellen in den Facetten der Fliege liefern noch keine Informationen über die Bewegungsrichtung. Erst während der Weiterleitung durch tiefer liegende Zellschichten werden dem Gehirn richtungsabhängige Signale geliefert. Alexander Borst konnte zeigen, dass in der ersten Zellschicht in einem ON-Kanal nur Helligkeitszunahme weitervermittelt wird und in einem OFF-Kanal nur die Helligkeitsabnahme. Erst größere Nervenzellen (Tangentialzellen) in der vierten Zellschicht (Lobulaplatte) liefern dann richtungsabhängige Signale. Sie reagieren je nach Richtung mit einer elektrischen Erregung oder mit einer Hemmung. Um die Bewegungsrichtung zu erkennen, muss auf dem Weg von den Lichtsinneszellen bis zu den Tangentialzellen die zeitliche Abfolge der Reize errechnet werden. Dies geschieht, indem von zwei benachbarten Lichtzellen das Signal einer der Zellen zeitlich verzögert an die Tangentialzelle weitergeleitet wird. Aus dem Zeitabstand des verzögerten und des nicht verzögerten Signals errechnet das Gehirn die Bewegungsrichtung. Dieser Mechanismus wird im Modell des Hassenstein-Reichardt-Detektors mathematisch beschrieben.
Durch eine Kombination von Genetik, Elektrophysiologie und Modellierung gelang es Alexander Borst, die Nervenzellen zu identifizieren, die den verschiedenen Elementen des Hassenstein-Reichardt-Modells entsprechen und die Information über die Bewegungsrichtung aus den Bildern extrahieren. Seine Erkenntnisse fließen auch in das Design autonomer fliegender Roboter ein und werden genutzt, um Flugobjekte auf einem stabilen Kurs zu halten.
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