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Wahljahr: | 2015 |
Sektion: | Gynäkologie und Pädiatrie |
Stadt: | Hamburg |
Land: | Deutschland |
Forschungsschwerpunkte: genetisch bedingte Erkrankungen bei Kindern, monogenetische Stoffwechselstörungen, Phenylketonurie, Therapieentwicklung
Ania Muntau ist eine deutsch-schweizerische Pädiaterin. Sie erforscht molekulare Mechanismen, die zu genetisch bedingten Erkrankungen führen. Schwerpunkt ihrer Forschung sind seltene angeborene Stoffwechselerkrankungen bei Kindern. Ihre Erkenntnisse fließen in die Entwicklung neuer Therapiestrategien für Patienten mit seltenen Erkrankungen.
Eine Erkrankung gilt in der Europäischen Union (EU) als selten, wenn sie bei weniger als fünf von 10.000 Personen auftritt. Da es mehr als 6.000 unterschiedliche seltene Erkrankungen (SE) gibt, ist die Gesamtzahl der Betroffenen trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen hoch. Ania Muntaus wissenschaftliches Interesse gilt in diesem Zusammenhang besonders der Phenylketonurie, die mit einer Inzidenz von 1:6000 bis 1:7000 bei Neugeborenen eine eher häufigere unten den seltenen Erkrankungen darstellt. Bei Patientinnen und Patienten mit Phenylketonurie (PKU) arbeitet das Enzym Phenylalaninhydroxylase aufgrund von Mutationen im dazugehörigen Gen eingeschränkt und verzögert. Dadurch kann der Eiweißbaustein Phenylalanin nicht zu Tyrosin abgebaut werden und sammelt sich im Plasma. Bislang wurden über 400 Mutationen identifiziert, die die Aktivität des Enzyms vermindern.
Die betroffenen Kinder müssen vor allem in der frühen Kindheit eine strenge Diät einhalten, um geistige Entwicklungsstörungen zu vermeiden. Erlaubt sind Lebensmittel, die wenig Phenylalanin enthalten, wie Früchte, Gemüse und Brot. Zusätzlich muss ein Phenylalanin-freies Aminosäuregemisch eingenommen werden, um einem Eiweißmangel vorzubeugen. Wird die Diät nicht eingehalten, kommt es zu geistigen Entwicklungsstörungen und Hirnschädigungen, die Krampfanfälle, Zittern und kognitive Störungen nach sich ziehen. Ein Co-Faktor des Enzyms Phenylalaninhydroxylase ist Tetrahydrobiopterin, das die Aktivität des Enzyms reguliert. Dieser Co-Faktor kann nun aufgrund der Grundlagenforschung, an der Ania Muntau wesentlich mitgewirkt hat, synthetisch hergestellt und als Arzneistoff zugeführt werden. Ein großer Teil der jugendlichen Patientinnen und Patienten kann damit fast normal essen und gewinnt so enorm an Lebensqualität.
Auch weitere seltene Erkrankungen, wie die Glutarazidurie (GA1), erforscht Muntau. Bei dieser ebenfalls angeborenen Stoffwechselstörung können durch einen Enzymdefekt die Aminosäuren Lysin und Tryptophan nicht richtig abgebaut werden und überfluten das Gehirn, so dass es zu schweren Bewegungsstörungen kommt. Mit ihrem Team hat die Stoffwechselexpertin die Mechanismen der Krankheitsentstehung auf zellulärer Ebene aufgeklärt und sucht Wirkstoffe, die den pathologischen Prozess bremsen oder gar zum Erliegen bringen.
Ania Muntau möchte die Grundlagen weiterer seltener Krankheiten auf molekularer Ebene verstehen und mit ihrer Forschung zur Entwicklung neuer Therapien beitragen. Neben den Kindenr und jugendlichen hat sie dabei auch die Belastung der Familien im Blick und leitet Studien, die nicht nur den Einzelfall in den Blick nehmen, sondern auf Public-Health-Ebene die Situation von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen untersuchen.
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