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Wahljahr: | 2010 |
Sektion: | Physiologie und Pharmakologie/Toxikologie |
Stadt: | Freiburg |
Land: | Deutschland |
Bernd Fakler erforscht die molekularen Mechanismen der Signalübertragung zwischen Nervenzellen. Er gewann dabei tiefe Einblicke in die komplexen Proteinnetzwerke, die eine reibungslose Weiterleitung elektrischer Nervenimpulse garantieren. Fakler ebnete damit den Weg zu einem besseren Verständnis von Lernvorgängen im Gehirn.
Das menschliche Gehirn verfügt über schätzungsweise hundert Milliarden Nervenzellen, von denen jede über Synapsen mit bis zu 10.000 anderen Zellen verbunden ist. Das heißt, dass in unseren Köpfen innerhalb von Millisekunden unvorstellbare Mengen von verschiedenen Informationen von Zelle zu Zelle weitergeleitet werden. Schon während seines Medizinstudiums stellte sich Bernd Fakler die Frage, die ihn seitdem nicht mehr losgelassen hat: Wie kann dieser Informationsaustausch so rasend schnell und reibungslos funktionieren? Zwischen jeweils zwei Nervenzellen klafft ein wenige Tausendstel Millimeter breiter „synaptischer Spalt“, den der elektrische Nervenimpuls aus eigener Kraft nicht überspringen kann. Er braucht dafür so genannte Neurotransmitter, die in der „präsynaptischen“ Nervenzelle freigesetzt werden und an spezielle Rezeptoren in der gegenüber liegenden, „postsynaptischen“ Zellmembran binden.
Besonders intensiv hat sich Bernd Fakler mit den AMPA-Rezeptoren beschäftigt. Sie reagieren auf Glutamat, den häufigsten erregenden Neurotransmitter des Gehirns, indem sie „Ionenkanäle“ bilden, so dass elektrisch geladene Teilchen – Ionen – die Zellmembran durchqueren können, während an die GABA-Rezeptoren, ihre unmittelbaren Gegenspieler, die wichtigsten hemmenden Botenstoffe des zentralen Nervensystems andocken. Mit Hilfe innovativer Analysemethoden konnten Fakler und sein Team nachweisen, dass AMPA-Rezeptoren aus bis zu 35 verschiedenen Proteinen bestehen, die in Netzwerken oder Proteinsuperkomplexen organisiert sind. Hinsichtlich der Zusammensetzung und molekularen Architektur von AMPA-Rezeptoren entdeckten die Freiburger Forscher große Unterschiede zwischen verschiedenen Hirnregionen – was dafür spricht, dass sie dort auch unterschiedliche Funktionen erfüllen.
Fakler ist auch für seine Arbeiten zu den so genannten Cornichon- oder „Gürkchen“-Proteinen bekannt. Bei AMPA-Rezeptoren, die solche Gürkchen-Proteine enthalten, bleiben die Poren sehr viel länger geöffnet, was einen länger andauernden Ionenstrom, eine stärkere Erregung an der Synapse und infolgedessen auch einen besseren Informationsfluss zwischen den Nervenzellen ermöglicht. Wiederholte biochemische Signale steigern zudem die Empfindlichkeit der Synapsen – eine biologische Voraussetzung für Lernvorgänge.
Auch wenn Fakler weiß, dass die Forschung weit davon entfernt ist, das menschliche Gedächtnis zu verstehen, könnte in den AMPA-Rezeptoren doch ein weiterer Schlüssel zu seinem Verständnis liegen. Als mögliche Zielstrukturen für Medikamente gegen Hirnleistungsstörungen oder Substanzen zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit (“Cognitive Enhancement“) sind die AMPA-Rezeptoren für die pharmazeutische Industrie bereits heute von großem Interesse.
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