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Wahljahr: | 2009 |
Sektion: | Organismische und Evolutionäre Biologie |
Stadt: | Berlin |
Land: | Deutschland |
Bernhard Ronacher ist ein österreichischer Biologe und (em.) Professor für Verhaltensphysiologie am Institut für Biologie der Humboldt Universität zu Berlin. Er untersucht, wie Insekten mit kleinen Nervensystemen komplexe Reize verarbeiten, zum Beispiel bei der räumlichen Orientierung von Wüstenameisen, bei der akustischen Signalverarbeitung von Feldheuschrecken und bei der visuellen Mustererkennung Honigbienen.
Zunächst analysierte er, wie im Gehirn von Honigbienen visuelle Muster verarbeitet und repräsentiert werden. Interessanterweise wird von Bienen die mehrdimensionale Ähnlichkeit von Mustern, d.h. Muster, die sich in mehreren Merkmalen unterscheiden, nicht nach der intuitiv naheliegenden Euklidischen Metrik, sondern nach der „City-block Metrik“ bestimmt; letztere wird in der menschlichen Wahrnehmungspsychologie als Indikator für „analytische Verarbeitung“ angesehen.
Ein zweites langjähriges Forschungsprojekt befasst sich mit der Produktion und sensorischen Verarbeitung akustischer Signale, die bei Heuschrecken der Partnerfindung dienen, also dem äußerst wichtigen Lebensbereich der Produktion von Nachkommen. Für diese Untersuchungen wurden Verhaltenstests mit elektrophysiologischen Experimenten kombiniert. Ein Grundproblem bei der Erkennung akustischer Muster, bei denen es auf sehr schnelle Informationsverarbeitung ankommt, stellt die - nicht vermeidbare – Variabilität neuronaler Signale dar. Umso erstaunlicher ist eine hohe Präzision mancher Verhaltensleistungen, z.B. detektieren die Heuschrecken in einem Signal Lücken von nur 1-2 ms Dauer und sind mit dieser Leistung sogar vielen Wirbeltieren mit ihren wesentlich größeren Nervensystemen überlegen.
Besonders faszinierende Versuchstiere sind Wüstenameisen, die in völlig flachem, landmarkenarmem Salzseen weite Futtersuch-Exkursionen von zehntausenden Körperlängen unternehmen und per „Wegintegration“ dennoch sehr präzise zu ihrem Nest zurückfinden. Obwohl diese Ameisen normalerweise in flachem Gelände leben, erbringen sie ihre Heimkehrleistung auch, wenn man sie trainiert, über künstliche Hügel zu laufen. Dabei bewerten sie für ihre Wegintegration nicht die aktuellen Laufstrecken, sondern die Basisdistanzen, d.h. die Projektion ihres Laufweges auf die Horizontale - eine völlig unerwartete Fähigkeit, deren neuronale Basis wir immer noch nicht ganz verstehen. Auch gegenüber anderen Störungen sind die Ameisen sehr resistent und finden auch bei massiven Eingriffen der Forscher den kürzesten Weg von einer Futterquelle zurück in ihr Nest. Die hierbei zutage tretende Fehlertoleranz ist ein besonders spannender Bereich der Neurobiologie.
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