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Wahljahr: | 2022 |
Sektion: | Psychologie und Kognitionswissenschaften |
Stadt: | Los Angeles, CA |
Land: | USA |
Forschungsschwerpunkte: Identität, Motivation, Zusammenhang zwischen Umfeld und menschlichem Verhalten, Einfluss sozialer Unterschiede auf Bildungskarrieren
Daphna Oyserman ist eine US-amerikanisch-israelische Psychologin, die sich vor allem mit dem Zusammenhang zwischen Identität und Verhalten beschäftigt. Sie will verstehen, wie Menschen sich selbst sehen, wovon das abhängt und welche Folgen es für ihre Entscheidungen, ihre Motivation und ihren Erfolg beim Erreichen von Zielen hat.
Bekannt geworden ist sie vor allem für ihre „Identitätsbasierte Motivationstheorie“, die sie auf der Grundlage von Experimenten und Feldforschung entwickelt hat. Diese erklärt, wann und in welchen Situationen das Selbstbild Menschen motiviert, Schritte in Richtung eines Ziels zu unternehmen. Das kann zum Beispiel ein Schulabschluss sein, aber auch das Wunschgewicht, eine rauchfreie Zukunft oder eine bestimmte Summe auf dem Sparkonto.
Entscheidend ist der Theorie zufolge, ob man das derzeitige Bild von sich selbst mit dem von einem erfolgreichen zukünftigen Ich in Verbindung bringen kann. Untersuchungen, die Dana Oyserman und ihr Team an Schulen in Detroit und Chicago durchgeführt haben, zeigen zum Beispiel einen deutlichen Zusammenhang zwischen sozialer Schicht, Selbstbild und Arbeitsverhalten: Sehen Schülerinnen und Schüler aus sozial schwierigen Verhältnissen für sich eine realistische Möglichkeit, aufs College zu kommen, trauen sie sich nicht nur bessere Noten zu, sie sind auch bereit, mehr Zeit für Hausaufgaben und Lernen zu investieren. Auftauchende Schwierigkeiten sehen sie dann meist als Bestätigung dafür, dass Schulerfolg ein wichtiges Ziel ist, das sich mit entsprechenden Anstrengungen durchaus erreichen lässt.
Ganz anders ist die Situation dagegen, wenn Kinder glauben, dass ihnen der Weg zu höherer Bildung ohnehin verschlossen ist – sei es aus Geldmangel oder weil „Leute wie sie“ ohnehin keine Chance haben. Sich anzustrengen, scheint dann völlig sinnlos zu sein und jedes auftauchende Hindernis scheint diesen Eindruck noch zu unterstreichen. Die Motivation ist auf dem Tiefpunkt, was wiederum die Erfolgsaussichten schmälert.
Daphna Oyserman und ihr Team untersuchen auch, was sich gegen solche selbsterfüllenden Prophezeiungen tun lässt. Ihre Ergebnisse zeigen beispielsweise, dass Kinder und Eltern mit knappem Budget schon früh über Finanzierungsmöglichkeiten für ein Studium aufgeklärt werden sollten. Schon bei Elfjährigen steigert das die Motivation. Ebenso kann es helfen, immer wieder kleine Summen für dieses Ziel zu sparen.
Auch für Erwachsene kann Daphna Oyserman aus ihrer Forschung Hinweise für mehr Motivation und Zielstrebigkeit ableiten. So haben ihre Studien gezeigt, dass weit in der Zukunft liegende Ziele oft schwer zu erreichen sind. Denn Menschen neigen dazu, die ersten Schritte dorthin immer wieder aufzuschieben. Hier kann es helfen, die Zeitskala zu verändern und in Tagen statt in Jahren zu denken. So planten Probandinnen und Probanden, viermal schneller mit dem Sparen fürs Alter anzufangen, wenn sie den Renteneintritt in 10.950 Tagen und nicht in 30 Jahren erwarteten. Statt sich eine vergleichsweise weit entfernt liegende Zukunft vorzustellen, ist es nach Einschätzung der Wissenschaftlerin besser, sich zu überlegen, wie der heutige Tag oder die Woche ein bisschen glücklicher, gesünder oder reichhaltiger werden kann.
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