Profile exzellenter Wissenschaftlerinnen bei AcademiaNet – eine Initiative der Robert Bosch Stiftung.
Suchen Sie unter den Mitgliedern der Leopoldina nach Expertinnen und Experten zu Fachgebieten oder Forschungsthemen.
Wahljahr: | 2002 |
Sektion: | Ökonomik und Empirische Sozialwissenschaften |
Stadt: | Zürich |
Land: | Schweiz |
Forschungsschwerpunkte: Ökonomische Verhaltensforschung, Experimentelle Ökonomie, Neuroökonomie, Fairness und Reziprozität
Ernst Fehr ist ein österreichischer Wirtschaftswissenschaftler und Spezialist für ökonomische Verhaltensforschung. Er konnte mit einer Fülle von empirischen Studien zeigen, dass Menschen keineswegs so rational und eigennützig handeln, wie es das Standardmodell vom „Homo Oeconomicus“ voraussetzt. Fehr trug damit maßgeblich zu einem fundamentalen Wandel in der Volkswirtschaftslehre bei.
Fairness, Altruismus oder der Wunsch nach ausgleichender Gerechtigkeit: Solche Phänomene, die das soziale Leben menschlich gestalten, wurden von den Wirtschaftswissenschaften noch bis vor kurzem fast vollständig ausgeblendet. Ernst Fehr kritisiert das neoklassische Dogma vom stets rational handelnden „Homo Oeconomicus“, der sich ausschließlich am Prinzip der persönlichen Gewinn- und Nutzenmaximierung orientiert. Er hat damit maßgeblich zu einem fundamentalen Wandel beigetragen, den man heute als die „psychologische Wende in der Ökonomik“ bezeichnet. Fehr konnte in zahlreichen Verhaltensstudien nachweisen, dass Menschen sich keineswegs nur vom Streben nach materiellem Profit leiten lassen, wenn sie als Wirtschaftssubjekte agieren, sondern sich oft auch zum eigenen Nachteil um einen fairen Ausgleich von Interessen bemühen. Er setzte sich intensiv mit dem Prinzip der Solidarität bei ökonomisch relevanten Entscheidungen und der Kooperation in kleinen Gruppen auseinander. Dazu führte Fehr neben Laborexperimenten auch kontrollierte Feldstudien durch. Bei Versuchen mit indigenen Völkern aus dem Amazonasbecken und Papua-Neuguinea ging er der Frage nach, inwieweit „faires“ Verhalten oder Sanktionen gegen unsoziale Zeitgenossen kulturell geprägt sind. Um den evolutionären Wurzeln von Kooperation und „prosozialem Verhalten“ nachzuspüren, organisierte er Versuche mit Kindern und Schimpansen. Für seine Untersuchungen zu den neurobiologischen Grundlagen menschlichen Handelns steht ihm mittlerweile ein institutseigener Hirnscanner zur Verfügung.
Als einem Wanderer zwischen den Welten gelingt Ernst Fehr der Brückenschlag zwischen so unterschiedlichen Disziplinen wie Ökonomie, Soziologie, Psychologie, Biologie, Ethnologie und Neurowissenschaften. Seine Erkenntnisse über die Grundlagen menschlichen Sozialverhaltens können erklären, warum die Wirtschaft in der Realität oft anders funktioniert, als es in vielen volkswirtschaftlichen Lehrbüchern steht. Fehr leitet daraus auch praktische Empfehlungen ab, wie sich menschliches Verhalten nicht nur durch Verbote oder geldwerte Anreize, sondern auch durch subtilere psychologische Mechanismen beeinflussen lässt.
Ernst Fehr belegte 2016 den ersten Platz auf den von FAZ, NZZ und der österreichischen „Presse“ ermittelten Ranglisten der einflussreichsten Ökonomen im deutschsprachigen Raum. Der Marcel Benoist-Preis, oft als „Schweizer Nobelpreis“ bezeichnet, wurde ihm 2008 als erstem Wirtschaftswissenschaftler verliehen. Die internationale Anerkennung schlägt sich auch in zahlreichen Rufen an renommierte Universitäten nieder – u.a. an die Princeton University, die University of California in Berkeley, die New York University und die Universitäten von Cambridge und Oxford. Durch seine kontinuierliche Präsenz am Standort Zürich über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg ist dort ein Zentrum der modernen experimentellen Wirtschaftsforschung entstanden.
Emil-Abderhalden-Str. 35
06108 Halle (Saale)
Tel. | 0345 - 47 239 - 120 |
Fax | 0345 - 47 239 - 139 |
archiv @leopoldina.org |