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Wahljahr: | 2010 |
Sektion: | Gynäkologie und Pädiatrie |
Stadt: | Göttingen |
Land: | Deutschland |
Forschungsschwerpunkte: Tumorendokrinologie, Gonadotropin-Releasing Hormone (GnRH), Kisspeptin, Receptor Targeted Chemotherapy, Translationale Forschung
Günter Emons ist ein deutscher Gynäkologe und forschender Krebsmediziner. Er beschäftigt sich mit der Regulation von Mamma-, Endometrium- und Ovarialkarzinomen, insbesondere mit der Rolle des GnRH-Systems (Gonadotropin-Releasing Hormone). Neuartige Therapieverfahren, die auf dieser Grundlage entwickelt wurden, konnten bereits erfolgreich in klinischen Studien evaluiert werden.
Die Isolierung des „Gonadotropin-Releasing Hormone“, kurz: GnRH, war ein Meilenstein der modernen Medizingeschichte (Nobelpreis 1977). Es wird im Hypothalamus, einem Teil des Zwischenhirns, gebildet und steuert über mehrere Zwischenstufen die Ausschüttung der eigentlichen Sexualhormone. Günter Emons erkannte früh, welche Möglichkeiten sich damit für die Behandlung hormonabhängiger Tumore eröffneten, die durch weibliche Sexualhormone, v.a. Östrogen, zum Wachstum angeregt werden. Mitte der 80er Jahre entdeckte seine Arbeitsgruppe erstmals GnRH-Rezeptoren in Karzinomen der Eierstöcke und der Gebärmutterschleimhaut („Endometrium“). Sie boten einen idealen Angriffspunkt für die neuen, synthetischen „GnRH-Analoga“, die diese Bindungsstellen besetzen, ohne selber eine Ausschüttung von Östrogenen auszulösen.
Emons hat das Konzept einer „rezeptorvermittelten Therapie“ („Receptor Targeted Therapy“) weiter verfolgt, zunächst mit GnRH-Rezeptor-positiven Krebs-Zellkulturen und Nacktmausmodellen, bei denen GnRH-Analoga eine wachstumshemmende („antiproliferative“) Wirkung zeigten. Als besonders vielversprechend erwies sich „AEZS-108“, bei dem das Chemotherapeutikum Doxorubicin an einen GnRH-Agonisten gekoppelt wurde, um das Zellgift in die Zelle einzuschleusen. Da sich die Behandlung nur gegen solche Zellen richtet, die auch den GnRH-Rezeptor an ihrer Oberfläche tragen, werden alle anderen Zellen geschont – ein wesentlicher Vorteil gegenüber der herkömmlichen Chemotherapie. Die bei Doxorubicin sonst drohenden kardiologischen Nebenwirkungen wären z.B. nicht zu befürchten, weil das Herz keine GnRH-Rezeptoren besitzt. Demgegenüber sind rund 80 Prozent aller Tumore der Gebärmutterschleimhaut und Eierstöcke sowie mehr als die Hälfte aller Mammakarzinome GnRHR-positiv, das heißt: Sie besitzen Rezeptoren für das Gonadotropin-Releasing Hormon.
2005 begann unter der Leitung von Günter Emons die weltweit erste Phase-I-Studie mit dem experimentellen Wirkstoff. 2008/2009 folgten zwei Phase-II-Studien an Patientinnen mit fortgeschrittenen Endometrium- und Ovarialkarzinomen. Die Ergebnisse einer daraufhin aufgelegten internationalen Phase-3-Studie an rund 500 Patientinnen mit anderweitig behandlungsresistenten Endometriumkarzinomen aus über 20 Ländern, die entweder „AEZS-108“ oder freies Doxorubicin erhalten, stehen noch aus.
Die „rezeptorvermittelte“ Chemotherapie ist aber nur eine von vielen Behandlungsoptionen, mit denen Emons und sein Team sich eingehend beschäftigt haben. Neuere Projekte befassen sich mit dem erst vor wenigen Jahren entdeckten Neuropeptid „Kisspeptin“ und Möglichkeiten, der Metastasierung von Mammakarzinomen entgegenzusteuern. Emons ist Vertreter einer translationalen Forschung, deren Ziel es ist, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung umzusetzen. Als Mitglied zahlreicher Experten- und Leitlinienkommissionen war er an der Entwicklung aktueller Therapiestandards maßgeblich beteiligt.
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