Leopoldina Home Menü

Leopoldina Home

Mitglieder

Mitgliederverzeichnis | Expertensuche

Suchen Sie unter den Mitgliedern der Leopoldina nach Expertinnen und Experten zu Fachgebieten oder Forschungsthemen.

Neue Suche

Petr L. Kapica

Nobelpreis für Physik 1978

Wahljahr: 1958
Sektion: Physik
Stadt: Moskau
Land: Russland
CV Petr Kapica - Deutsch (pdf)

Forschung

Petr Leonidowitsch Kapica war ein russischer Physiker. Er beschäftigte sich mit der experimentellen Untersuchung und Aufklärung extremer physikalischer Zustände. Seine wissenschaftliche Arbeit war eng an der ingenieurwissenschaftlichen Praxis orientiert, so dass er viele Großgeräte selbst konzipierte und baute. Für seine grundlegenden Arbeiten auf dem Gebiet der Tieftemperaturphysik wurde er 1978 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Werdegang

Kapica studierte bis 1918 Physik am Polytechnischen Institut in St. Petersburg. Sein dortiger Lehrer, Abram Joffe, der als Vater der sowjetischen Physik bezeichnet wurde, empfahl ihn seinem Kollegen, dem Experimentalphysiker Ernest Rutherford in Großbritannien, so dass Kapica ab 1921 bei ihm am Cavendish Laboratory der University of Cambridge tätig war.

Von 1923 bis 1926 war er Clerk-Maxwell-Student an der University of Cambridge. 1925 war er außerdem Fellow am Trinity College sowie 1924 bis 1932 Assistant Director of Magnetic Research am Cavendish Laboratory.

Während seiner Zeit in Großbritannien baute Kapica diverse Geräte, mit denen es möglich wurde, extreme physikalische Zustände zu untersuchen. So konstruierte er zum Beispiel einen Pulsgenerator, mit dem er extrem starke Magnetfelder erzeugen konnte. Dabei stieß er auch auf das Gesetz des linearen Anwachsens des elektrischen Widerstands in starken Magnetfeldern.
1930 wurde Kapica Direktor des Mond Laboratory der Royal Society in Cambridge, das eigens für Kapicas Forschungen zu starken Magnetfeldern und zur Tieftemperaturphysik eingerichtet worden war.

1934 verweigerten ihm Stalins Behörden in der Sowjetunion anlässlich eines Besuchs bei seinen Eltern die erneute Ausreise nach Großbritannien. Stattdessen gründeten sie in Moskau ein neues Akademie-Institut für Physikalische Probleme, dem Kapica als Direktor vorstand. Die Einrichtung wurde später in Kapica-Institut umbenannt.

Nachdem klar war, dass Kapica nicht wieder zurück nach Großbritannien durfte, half Ernest Rutherford, seine wissenschaftliche Ausrüstung nach Russland zu verschiffen, die der russische Staat schließlich kaufte, um sie fortan Kapica zur Verfügung zu stellen. Ende 1945 geriet Kapica als Berater des sowjetischen Projekts zum Bau einer Atombombe in Streit mit dem berüchtigten Geheimdienstchef Beria. Kapica beschwerte sich bei Stalin über Berias Arroganz und darüber, dass er die Gesetze der Physik ignoriere. Stalin gab Kapica zunächst Rückendeckung und wies Beria an, mit den Wissenschaftlern zu kooperieren. Anschließend wurde Kapica von allen Verpflichtungen entbunden und stand bis zu Stalins Tod im Jahr 1953 unter Hausarrest.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte Kapica zu einer Gruppe prominenter russischer Wissenschaftler, die die Regierung bei der Gründung einer neuen Technischen Universität in Moskau unterstützten. Dort lehrte Kapica selbst viele Jahre. Zudem wurde Kapica 1956 Hauptredakteur des sowjetischen Journals der experimentellen und theoretischen Physik. 1957 wurde er außerdem Mitglied im Präsidium der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften.

Als er 1984 starb, war er als Einziger in diesem Gremium kein Mitglied der Kommunistischen Partei. Immer wieder setzte er sich für verfolgte Kollegen wie die Physiker Lew Landau und Andrej Sacharow ein.

Nobelpreis

Kapica interessierte sich besonders für extreme physikalische Zustände. Ein Grund dafür war der Wunsch, die thermische Bewegung von Atomen durch Kühlung so weit zu reduzieren, dass sich bestimmte Quanteneffekte untersuchen ließen.

Im Dezember 1937 untersuchte Kapica flüssiges Helium, das zuvor auf eine Temperatur von weniger als 2,2 Kelvin abgekühlt worden war. Das Helium verhielt sich in diesem Zustand unerwartet: es floss ohne jede Viskosität; es kroch am Rand eines Behälters empor und aus ihm heraus. Zudem zeichnete es sich durch eine hohe Wärmeleitfähigkeit aus und war in der Lage, auch bei geringen Druckunterschieden durch sehr kleine Öffnungen zu fließen. Damit hatte Kapica die Suprafluidität von flüssigem Helium entdeckt. Ein Effekt, dem die Bose-Einstein-Kondensation zu Grunde liegt.

Für diese Entdeckung wurde Petr Kapica mit großer zeitlicher Verzögerung mit dem Nobelpreis für Physik geehrt, den er 1978, rund 40 Jahre nach seiner Entdeckung, verliehen bekam.

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Für seine wissenschaftlichen Arbeiten erhielt Kapica zahlreiche weitere Auszeichnungen, darunter die Medal of the Liege University (1934), den „Stalin-Preis“ ersten Grades (1941 und 1943), die Faraday Medal (1942), die Franklin Medal des Franklin Institute und die Moskauer Verteidigungsmedaille (beide 1944), „Held der Sozialistischen Arbeit“ (1945), Si Devaprasad Sarbadhikary Gold Medal der Calcutta University, Indien (1955), und die Cothenius-Medaille der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1959).

Kapica war Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Vereinigungen und Akademien, darunter der Royal Society in London sowie korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (beide 1929), ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (1939), der US-National Academy of Science und der New York Academy of Science, Ehrenmitglied der Dänischen Akademie der Wissenschaften (alle 1946), Royal Irish Academy und der National Academy of Sciences, Indien (beide 1948) sowie der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1958).
Kapica erhielt die Ehrendoktorwürde mehrerer Universitäten, darunter derjenigen in Algier (1944), der Sorbonne in Paris (1945) sowie Oslo (1946).

Der Asteroid Kapitsa wurde nach Kapica benannt.

Zur Person

Petr Kapica wurde am 9. Juli 1894 in Kronstadt, Russland, geboren. 1912 schloss er die Schule in Kronstadt ab. Sein Vater Leonid war Militäringenieur. 1918 beendete er sein Studium an der Fakultät für Elektroingenieurwesen des Polytechnischen Instituts in St. Petersburg.

1927 heiratete er Anna Alexejewna Krylova, die Tochter des angewandten Mathematikers A. N. Krylov. Das Paar bekam die Söhne Sergej und Andrej. Sergej wurde später Physiker und Moderator einer wissenschaftlichen Fernsehsendung, Andrej war Geograf und Antarktisforscher.

Petr Kapica starb am 8. April 1984 in Moskau.

KONTAKT

Leopoldina

Archiv


Emil-Abderhalden-Str. 35
06108 Halle (Saale)

Tel. 0345 - 47 239 - 120
Fax 0345 - 47 239 - 149
E-Mail archiv (at)leopoldina.org

Academia Net

Profile exzellenter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei AcademiaNet.