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Foto: privat
Wahljahr: | 2008 |
Sektion: | Psychologie und Kognitionswissenschaften |
Stadt: | London |
Land: | Großbritannien |
Forschungsschwerpunkte: Autismus-Spektrum-Störungen, Dyslexie, soziale Wahrnehmung, Neurowissenschaft und Lernen
Uta Frith ist eine deutsch-britische Entwicklungspsychologin und Neurowissenschaftlerin. Sie begründete einen neuartigen Ansatz für kognitive Entwicklungsstörungen auf der Grundlage neuropsychologischer Untersuchungen. Der von ihr geleiteten Forschungsgruppe gelang es, spezifische kognitive Defizite bei Autismus und Legasthenie zu identifizieren und deren Grundlagen im Gehirn zu ergründen.
Uta Frith wandte Methoden aus der experimentellen Psychologie an, um höheren kognitiven Prozessen wie der „Theory of Mind“ und der „Zentralen Kohärenz (Central Coherence)“ auf die Spur zu kommen. „Theorie of Mind“ bezeichnet die Fähigkeit, intuitiv zu verstehen, was andere denken und wie sie voraussichtlich reagieren werde. Uta Frith konnte nachweisen, dass eine schwache Ausprägung dieser Fähigkeit den charakteristischen Kommunikationsstörungen des Autismus zugrunde liegt. Darüber hinaus konnte sie die Grundlagen dieser kognitiven Funktion im Gehirn durch bildgebende Verfahren bestätigen.
„Zentrale Kohärenz“ bezeichnet die Fähigkeit, intuitiv den Sinn einer komplexen Wahrnehmung zu erfassen, noch bevor einzelne Elemente erkannt sind. Diese Fähigkeit ist bei autistischen Menschen eher schwach ausgeprägt, während es umgekehrt ihre Stärke ist, dass sie einzelne Details schnell und sicher wahrnehmen können. Diese Fähigkeit mag den typisch engen Interessen und selektiven Hochbegabungen zugrunde liegen und belegt die oft herausragende Fähigkeit, versteckte Figuren in Puzzlespielen und Wimmelbildern zu finden.
Uta Frith ist es gelungen, die unterschiedlichen Ausprägungen des Autismus differenziert zu beschreiben. Eine milde Form des Autismus wurde seit den 1980er Jahren nach dem österreichischen Kinderarzt Hans Asperger als Asperger-Syndrom bekannt. Uta Frith übersetzte und kommentierte Aspergers wegweisende Arbeit ins Englische und förderte so das Verständnis der Neurodiversität.
Der zweite Schwerpunkt von Uta Friths Forschung liegt auf den unter dem Begriff „Dyslexie“ zusammengefassten Lese- und Rechtschreibstörungen. Eine Schwäche in der phonologischen Verarbeitung ist die heute dominante Erklärung für Dyslexie. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen hat Uta Frith diese Theorie untermauert und entdeckt, dass Italienisch und Englisch sprechende Dyslektikerinnen und Dyslektiker die gleiche Anomalie der Gehirnfunktion bei phonologischen Aufgaben zeigen, obwohl es große Unterschiede im Leseverhalten gibt – Unterschiede, die durch die Regelmäßigkeit der Orthographie zu erklären sind. Aus diesem Grund ist Dyslexie in Italien oft unerkannt.
Während Uta Frith nach den kognitiven Ursachen von Autismus und Dyslexie suchte, gelang es ihr ein Bezugssystem zu entwickeln, das kausale Verbindungen von Gehirn zu Verhalten über die kognitive Ebene beschreibt. Störungen auf der kognitiven Ebene bilden einen Nexus, der prinzipiell das Verhalten mit dem Wissen aus der Neurologie und Genetik verbindet.
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