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Pressemitteilung | Mittwoch, 14. November 2001

Presseinformation 24/2001

Öffentliche naturwissenschaftliche Vorträge: "Simulation der Evolution im Reagenzglas", "Veränderungen der menschlichen Erbsubstanz – Ursache von Erkrankungen und gleichzeitig Motor der Evolution des Menschengeschlechts"

Termin:    Dienstag, 20. November 2001, 16.30 Uhr
Ort:          Vortragsgebäude der Akademie Leopoldina
                Emil-Abderhalden-Straße 36, 06108 Halle (Saale)

  • Zu den Vorträgen:

Prof. Dr. Peter Schuster, Wien, Mitglied der Akademie: "Sequenzen, Strukturen und Phänotypen in der molekulare Evolution"

Seit langem beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Frage, wie im Laufe der Evolution aus einfacheren Vorfahren immer komplexere, an ihre Umwelt perfekt angepasste Organismen entstehen konnten. Experimente dazu sind schwierig, da die Entstehung neuer Arten erst nach vielen Tausenden bis Hunderttausenden von Generationen erreicht wird. Um diesen Fragenkomplex experimentell angehen zu können, müssen Evolutionsbiologen mit sehr einfachen Organismen arbeiten, die eine sehr kurze Generationszeit haben. Kontrollierte Evolution von Bakterien ist zwar möglich, aber der höchst komplexe zelluläre Stoffwechsel verwehrt zur Zeit noch Einsichten in das molekulare Geschehen. Peter Schuster wird in seinem Vortrag erläutern, dass sich zur Simulation der Evolution kurze Stücke der die Erbinformation übertragenden Ribonukleinsäuren (RNS) eignen, die innerhalb von Sekunden vermehrt werden können. In seinem Ausblick wird er darauf eingehen, dass die Methoden zur Simulation der Evolution im Reagenzglas oder am Computer geeignet sind, künftig maßgeschneiderte Substanzen herzustellen, zum Beispiel für die Medizin.

Prof. Dr. Ingo Hansmann, Halle (Saale), Mitglied der Akademie: "Die Plastizität des menschlichen Genoms"

Genetisch bedingte Erkrankungen oder auch Krebs haben ihre Ursache in kleinsten Veränderung der menschlichen Erbsubstanz (Genom), durch die sich Betroffene von nicht Betroffenen unterscheiden. Ingo Hansmann stellt in seinem Vortrag ausgewählte Krankheitsbilder vor, die auf eine solche Veränderung des Genoms zurückzuführen sind. Beispiele sind das "Williams Beuren Syndrom", bei dem es zu Herz-, Gefäß-, Nieren- und Knochenfehlbildungen kommt, das "DiGeorge Syndrom", das zu Herzfehlern führt, oder die neurologische Erkrankung "Chorea Huntington", die auf eine Degeneration von Nervenzellen im Gehirn zurückzuführen ist, wodurch es zu Bewegungsstörungen (Veitstanz) kommt. Er wird dabei auf die eigentlichen molekulargenetischen Veränderungen der Erbsubstanz eingehen, die Verursacher sind. Hansmann wird auch erläutern, dass die Veränderungsfähigkeit (Plastizität) des menschlichen Genoms, die zu Erkrankungen führen kann, gleichzeitig der Motor der Evolution ist, durch die der Mensch mit all seiner genetischen Vielfalt entstanden ist.

  • Zu den Referenten: 

Peter Schuster hat an der Universität Wien Chemie und Physik studiert und war an der gleichen Universität von 1973 bis 1992 Ordentlicher Professor für Theoretische Chemie. Nach einer Tätigkeit als Gründungsdirektor des Instituts für Molekulare Biotechnologie in Jena von 1992 bis 1995 kehrte er 1996 wieder als Ordinarius für Theoretische Chemie nach Wien zurück. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, ist Mitglied bzw. korrespondierendes Mitglied namhafter europäischer Gesellschaften, Herausgeber bzw. Mitherausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften und Buchreihen. Seit 1993 ist er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in der Sektion Biochemie und Biophysik. Er vertrat von 1999 bis 2001 als gewählter Sprecher (Senator) die österreichischen Mitglieder im Senat. Seit Frühjahr 2001 ist er Mitglied des Präsidiums der Leopoldina. Seit Oktober 2000 ist er Vizepräsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

 

Ingo Hansmann hat an der Universität in Heidelberg Biologie und Sport studiert und dort im Fach Genetik promoviert. Er wechselte danach an das Institut für Humangenetik der Georg-August-Universität Göttingen, wo er die Labore für experimentelle und klinische Zytogenetik aufbaute und leitete. 1996 übernahm er als Direktor das Institut für Humangenetik und Medizinische Biologie in Halle (Saale). Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen auf dem Gebiet der Entwicklungsgenetik und Genomforschung. Er ist in zahlreichen Fachgesellschaften tätig und europaweit in gutachterliche Aktivitäten eingebunden. Seit 1998 ist er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und gehört der Sektion Humangenetik und Molekulare Medizin an.

  • Zur Akademie Leopoldina:

Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (gegründet 1652 in Schweinfurt) mit Sitz in Halle/Saale (seit 1878) ist eine überregionale Gelehrtengesellschaft mit gemeinnützigen Aufgaben und Zielen. Sie ist die älteste naturwissenschaftliche Akademie in Deutschland. Sie trägt durch die Jahresversammlungen, fachspezifische Meetings und Symposien, monatliche Vortragssitzungen und die vielfältigen persönlichen Kontakte der Mitglieder "zum Wohle des Menschen und der Natur" bei. Ihr gehören derzeit 1000 Mitglieder in aller Welt an. Zwei Drittel der Mitglieder kommen aus den Stammländern Deutschland, Schweiz und Österreich, ein Drittel aus weiteren ca. 30 Ländern. Zu Mitgliedern werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen gewählt, die sich durch bedeutende Leistungen ausgezeichnet haben.

Die Leopoldina wird von einem ehrenamtlichen Präsidium geleitet. Präsident der Leopoldina ist seit 1990 der Biologe Prof. Dr. Benno Parthier (Halle/Saale). Vizepräsidenten sind derzeit der Psychologe Prof. Dr. Paul Baltes (Berlin), der Chemiker Prof. Dr. Gunter Fischer (Halle/Saale), der Virologe Prof. Dr. Volker ter Meulen (Würzburg) und der Chemiker Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker (München). Letzterer ist zugleich Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn. Die laufenden Geschäfte der Leopoldina führt eine Generalsekretärin, die Neurobiologin Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug. Die Leopoldina erhält ihre finanziellen Zuwendungen für die satzungsgemäßen Aufgaben zu 80 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und zu 20 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt.

KONTAKT

Leopoldina

Julia Klabuhn

Kommissarische Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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