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Pressemitteilung | Mittwoch, 7. Mai 2014

Inakzeptable Grenzüberschreitung

Pressemitteilung der Allianz der Wissenschaftsorganisationen

Am 16. und 17. April 2014 erschien in mehreren regionalen und überregionalen Zeitungen eine ganzseitige Anzeige des Vereins „Tierversuchsgegner Bundesrepublik Deutschland e.V.“, der die Persönlichkeitsrechte eines einzelnen Wissenschaftlers in grober Weise verletzt und die gesamte biowissenschaftliche Forschung diffamiert. Aus Sicht der in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen verbundenen Einrichtungen verlässt diese Anzeige in Inhalt und Gestalt eindeutig den Boden einer kritischen, von zulässiger und notwendiger Meinungsvielfalt geprägten gesellschaftlichen Auseinandersetzung.

Die Angriffe richten sich gezielt gegen Professor Andreas Kreiter, der in seinen Forschungsarbeiten an der Universität Bremen zu Mechanismen der Aufmerksamkeit und Wahrnehmung im Gehirn Makaken einsetzt. Diese wissenschaftlichen Experimente werden unter strikter Einhaltung des Tierschutzgesetzes durchgeführt und wurden erst im Februar dieses Jahres nach jahrelangem Rechtsstreit vom Bundesverwaltungsgericht als ethisch vertretbar bestätigt. Ungeachtet dessen bezeichnet die Anzeige im Wege eines Zitats „Tierexperimentatoren“ als „Wesen, die man nicht leichtfertig Menschen nennen sollte“. In einem Beitrag auf Spiegel online spitzt der Vorsitzende des Vereins unter eklatanter Missachtung der Unantastbarkeit der Menschenwürde die persönliche Verunglimpfung weiter zu: „Es muss in einer Demokratie erlaubt sein zu hinterfragen, ob jemand, der seit über 30 Jahren aus Neugier Tiere systematisch quält und tötet, nicht den Anspruch auf Menschenwürde verloren hat“. Die Zeitungsanzeige ruft zudem alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, „Tierexperimentatoren mit Verachtung zu begegnen und ihr Handeln öffentlich anzuprangern“. Diese Äußerungen sind nicht nur beleidigend und ehrverletzend, sondern bedrohen auch Herrn Professor Kreiter persönlich. Die in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen verbundenen Einrichtungen verurteilen ausdrücklich und mit aller Entschiedenheit diese persönliche Diffamierung.

Die Anzeige greift zudem den gesamten Wissenschaftszweig der Biowissenschaften und der Medizin in unhaltbarer Weise an, welcher ganz wesentlich dazu beiträgt, den hohen Standard der medizinischen Versorgung in unserem Land sicherzustellen und weiter zu verbessern. Wissenschaftliche und medizinische Errungenschaften, die auf der Basis von Tierversuchen erarbeitet wurden, werden in der Gesellschaft tagtäglich und selbstverständlich in Anspruch genommen. Dennoch werden Tierversuche in der Öffentlichkeit häufig kritisch betrachtet. Die Anzeige verurteilt Tierversuche in pauschaler und undifferenzierter Weise, ohne sich mit den ethischen Implikationen einer solchen Haltung auseinanderzusetzen. Aus gutem Grund unterliegt  jeder Tierversuch vorab einem aufwendigen behördlichen Genehmigungsverfahren. Nur Tierversuche, die dieses Verfahren mit dem Ergebnis der Genehmigung durchlaufen haben, werden an Hochschulen oder öffentlichen Forschungseinrichtungen durchgeführt. Genehmigte Versuche sind als wissenschaftliche Untersuchungen durch das Grundgesetz (Artikel 5) in besonderer Weise geschützt und teilweise sogar gesetzlich vorgeschrieben.

Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen hat mit großem Befremden zur Kenntnis genommen, dass renommierte Zeitungen durch die Annahme der Anzeige eine Plattform für eine in Form und Inhalt menschenverachtende Diffamierungskampagne und die mit ihr verbundene Gefahr der Verletzung des öffentlichen Friedens bieten. Sie fordert alle Beteiligten dazu auf, die wichtige gesellschaftliche Diskussion zu den Rahmenbedingungen und der Bedeutung von Tierversuchen in der Forschung sachlich, offen und ohne persönliche Verunglimpfungen zu führen.

Medienkontakt:
Marco Finetti, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG,
Tel. 0228 885 2230, Marco.Finetti@dfg.de



KONTAKT

Leopoldina

Julia Klabuhn

Kommissarische Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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