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Nachricht | Freitag, 14. Dezember 2018

Wie gelingt eine klimafreundliche Energieversorgung in der EU?

Wissenschaftsakademien fordern flankierende Maßnahmen

Wie gelingt eine klimafreundliche Energieversorgung in der EU?

Eine klimaneutrale EU bis 2050 – diese Vision zeichnet die EU-Kommission in ihrer Langfriststrategie. Die neue Governance-Verordnung soll helfen, die EU-Klima- und Energiepolitik zusammenzuführen. Werden durch sie die EU-weiten Klimaziele erreicht? Das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) stellt fest: Die EU-Verordnung ist ein wichtiger Schritt, ebnet aber noch nicht den Weg zu einer klimafreundlichen europäischen Energieversorgung. In einer Stellungnahme schlägt ESYS flankierend finanzielle Anreize für mehr Klimaschutz, Sanktionsmöglichkeiten bei ungenügenden nationalen Klimazielen sowie Vorreiterallianzen engagierter Staaten vor.

In gut 30 Jahren soll die Europäische Union treibhausgasneutral sein, die Nettoemissionen sollen auf Null gesenkt werden. Mit diesem erklärten Ziel beanspruchte die Europäische Kommission auf der UN-Klimakonferenz eine Führungsrolle der EU im Klimaschutz. Inwiefern kann die am 3. Dezember 2018 vom EU-Rat gebilligte „Verordnung über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz“ dazu beitragen?

Sie sieht vor, dass alle Mitgliedstaaten Ziele, Strategien und Maßnahmen zur Emissionsminderung in integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen (iNEK-Plänen) darlegen. Sind die Pläne oder deren Umsetzung unzureichend, kann die EU-Kommission Nachbesserungen empfehlen – sie kann diese aber nicht rechtsverbindlich durchsetzen.

Den Fachleuten des ESYS-Projekts geht das nicht weit genug. Ihrer Einschätzung zufolge werden die Pläne erst dann verbindlich befolgt, wenn sie auch in nationales Recht überführt werden. In ihrer Stellungnahme empfehlen die Wissenschaftsakademien, den deutschen Ausstieg aus der Kohleverstromung eng mit den Nachbarstaaten abzustimmen. Würde sich Deutschland mit klimapolitisch engagierten Ländern verbünden, könnte die Kohleverstromung besser koordiniert und kostengünstiger beendet werden.

Solche Vorreiterallianzen eignen sich ebenfalls, um länderübergreifende Mindestpreise für CO2-Emissionen einzuführen. Ein ausreichend hoher und in allen Sektoren geltender CO2-Preis würde finanzielle Anreize für emissionsarme Technologien setzen und wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem treibhausgasneutralen Europa. Bisher scheitert er jedoch an fehlenden politischen Mehrheiten.

EU-Staaten, die keine oder unzureichende Pläne aufstellen, sollten sanktioniert werden können. Dazu empfiehlt die Arbeitsgruppe eine kluge Verknüpfung von Energie- und Strukturpolitik in der EU. Strukturfonds sollten verstärkt Fördermittel etwa für Energieeffizienzmaßnahmen bereitstellen und finanzielle Unterstützung für vom Strukturwandel besonders betroffene Regionen bereitstellen, beispielsweise für Braunkohlereviere.

Umweltverbände sollten auf nationaler Ebene Klagerechte erhalten. Auf diese Weise könnten sie gegen fehlende oder zu wenig ambitionierte Energie- und Klimapläne vorgehen. Darüber hinaus sollten Öffentlichkeit, Länder und Kommunen verstärkt und frühzeitig in die Erstellung der Pläne eingebunden werden. Dazu braucht es EU-weite Leitlinien für Verfahren zur Einbindung der Öffentlichkeit, um gleiche Beteiligungschancen zu gewährleisten.