Entdecken, benennen, einordnen – das waren schon zu Zeiten von Carl von Linné die ersten Schritte der Biologie. Auch heute bleibt die Kategorisierung der belebten Umwelt (Taxonomie) bedeutend, denn laufend werden neue Arten entdeckt. Nicht zuletzt kann die Taxonomie einen großen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten und ist wichtiger Baustein für die praktische Anwendung der personalisierten Medizin.
Die „molekularbiologische Revolution“, die heute zunehmend durch die Hochdurchsatz-Sequenziermethoden der Genomik und Proteomik dominiert wird, hat hier neue Möglichkeiten eröffnet. Bisher unbekannte Arten werden in hoher Zahl entdeckt, und der Artbildungsprozess kann erstmals auf der Ebene der gesamten Erbinformation und ihrer Expression verfolgt werden. Daraus ergibt sich die berechtigte Hoffnung, die notwendigerweise immer „künstliche“, in der Regel menschliche Belange reflektierende Kategorisierung mit den Erkenntnissen der Evolutionsforschung in Einklang zu bringen.
Aus der Datenfülle entstehen aber auch Probleme. Nicht notwendigerweise ist eine molekulare Taxonomie besser als eine auf phänotypischen Merkmalen basierte Einteilung. Die Thematik der Taxonomie wurde von einer Expertengruppe von Biologen und Medizinern vor allem im Hinblick auf die Chancen der „-omics“-Technologien (Genomik, Metagenomik, Metabolomik und Proteomik) analysiert. Ziel dabei war es, Entscheidungsträgern sowohl die Bedeutung von Taxonomie darzulegen als auch Forschungsschwerpunkte zu definieren. Dabei wurden zwei wesentliche Bereiche fokussiert: 1) die konzeptionelle Gestaltung der Taxonomie und 2) die daraus folgenden Empfehlungen für einen strukturellen Um- und Ausbau der Wissenschaftslandschaft in für die Taxonomie relevanten Bereichen.
Jeder dieser Bereiche wird aus Sicht i) der Botanik und Mykologie, ii) der Mikrobiologie und der medizinischen Mikrobiologie und iii) der Zoologie betrachtet . Bereich 1) konzentriert sich im Wesentlichen darauf den Status quo zu beschreiben, Probleme zu identifizieren und innovative Vorschläge für eine sinnvolle Vernetzung der bestehenden Richtungen und Konzepte der Taxonomie zu machen. Bereich 2) formuliert die daraus resultierenden notwendigen strukturellen Änderungen, die sicherstellen, dass eine Implementierung der konzeptionellen Neuausrichtung realistisch ist, als Empfehlung.
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