Die Gefahr, dass an sich wichtige und nützliche Forschungsergebnisse zu schädlichen Zwecken missbraucht werden, besteht in allen Wissenschaftsgebieten. Diese sogenannte „Dual-Use-Problematik“ löst immer wieder breite Diskussionen über Nutzen und Risiken einzelner Forschungsvorhaben aus. Ein aktuelles Beispiel dafür sind Experimente zur Übertragbarkeit hochpathogener aviärer Grippeviren, sogenannter „Vogelgrippeviren“, auf den Menschen.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina haben in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe das Spannungsfeld „Forschungsfreiheit und Verantwortung“ diskutiert und analysiert. Ziel der Arbeitsgruppe waren allgemeingültige Leitlinien zum Umgang mit Forschungsfreiheit und Risiken in der Wissenschaft. Darüber hinaus sollten den jeweiligen Forschungsinstitutionen Empfehlungen zur Implementierung dieser Leitlinien gegeben werden.
„Wissenschaft braucht Freiheit“ – dieser Satz ist seit jeher gültig. Die Wissenschaftsfreiheit wird durch Artikel 5 Grundgesetz geschützt. Forschung ist eine wesentliche Grundlage für den Fortschritt der Menschheit. Wissenschaftliche Experimente mit hochpathogenen Bakterien oder Toxinen tragen jedoch die Gefahr in sich, dass ihre Ergebnisse missbräuchlich für die Entwicklung von Biowaffen verwendet werden. Neue Erkenntnisse der Erforschung von Steuerungs- und Regelungstechnik für Maschinen könnten für Kriegsdrohnen Anwendung finden, Materialforschung und Nanotechnologie zur Entwicklung von Angriffswaffen führen.
Dieser Komplex der doppelten Verwendbarkeit von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen wird als „Dual-Use-Problematik“ bezeichnet. In der öffentlichen Diskussion darüber wird die Erwartung formuliert, dass die Wissenschaftler selbst ethische Prinzipien und Mechanismen zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken entwickeln.
ML = Mitglied der Leopoldina